3. Fachtagung zum DQR
Dritte Fachtagung zum Deutschen Qualifikationsrahmen
Auf der nunmehr dritten DQR-Fachtagung diskutierten am 11.09.2012 in Berlin Expertinnen und Experten aus Deutschland und anderen EU-Ländern die bisherigen Erfahrungen und die weiteren Schritte bei der Einführung des DQR und der Referenzierung zum Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR).
Die Tagung mit insgesamt rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer u. a. aus Frankreich, Großbritannien, Italien, Kroatien, Österreich, Polen, Rumänien, Tschechien, der Schweiz und der Europäischen Kommission fand im Besucherzentrum des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung statt.
Die Tagung wurde von Frau Dr. Susanna Schmidt, Leiterin der Abteilung Strategien und Grundsatzfragen im Bundesministerium für Bildung und Forschung und Vorsitzende des Arbeitskreises DQR, Martin Gorholt, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg und Jan Truszczyński, Generaldirektor für Bildung und Kultur bei der Europäischen Kommission, eröffnet.
Danach diskutierten Vertreter der Hochschulbildung, der beruflichen Bildung und Weiterbildung sowie der Sozialpartner und Wirtschaftsorganisationen über den bisherigen Stand in der Entwicklung des Deutschen Qualifikationsrahmens und die weiteren Schritte bei seiner Einführung.
In den Beiträgen wurde insbesondere hervorgehoben, dass die bisherigen Ergebnisse auf einem gemeinsamen und einvernehmlichen Weg erreicht wurden, was bereits als positive Auswirkung des DQR bezeichnet werden kann. Der Austausch und die Zusammenarbeit über die einzelnen Bildungsbereiche hinweg solle weiter ausgebaut werden. Für die Zukunft wurde ein schneller Übergang in die Praxis gewünscht.
Am Nachmittag wurden in vier thematischen Foren zentrale Aspekte für die weitere Umsetzung des DQR mit Referentinnen und Referenten aus Deutschland und anderen EU-Ländern diskutiert:
Forum 1: „Validierung nicht-formalen und informellen Lernens“
Dieses Forum beschäftigte sich mit der Rolle des nicht-formalen und informellen Lernens für den DQR sowie mit den notwendigen strukturellen und inhaltlichen Voraussetzungen für eine Validierung entsprechender Lernleistungen. Angesichts der Tatsache, dass nicht-formales und informelles Lernen in der modernen Gesellschaft immer mehr an Stellenwert gewinnt, waren alle Referenten des Forums einer Meinung hinsichtlich der immensen Bedeutung der Einbeziehung entsprechender Lernergebnisse in den DQR sowie des Prinzips, dass der Kompetenzerwerb auf unterschiedlichen Wegen (formal, nicht-formal oder informell) als gleichwertig anerkannt werden muss. Besonders begrüßt wurde der am 05.09.2012 veröffentlichte Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Empfehlung des Rates zur Validierung der Ergebnisse nichtformalen und informellen Lernens.
Erheblichen Nachholbedarf – so wurde festgestellt - gibt es jedoch hinsichtlich der Forschung zu diesem Thema, sowohl im Allgemeinen als auch mit Bezug zu den unterschiedlichen bereits bestehenden Ansätzen zur Erfassung nicht-formalen und informellen Lernens und deren Verwertbarkeit im Rahmen des DQR. Auch die Frage der Finanzierung eines Validierungsverfahrens wurde mit unterschiedlichen Forderungen diskutiert.
Forum 2: „Lernergebnisorientierung der Ordnungsmittel“
Ziel des Forums war es, aufzuzeigen, wie Ordnungsmittel zukünftig gestaltet werden müssten, um der Forderung nach Lernergebnisorientierung gerecht zu werden und eine Beschreibung von Qualifikationen ausschließlich über ihre Wirkung zu erleichtern.
Im Fokus standen zunächst die berufliche und anschließend die hochschulische Bildung, welche durch Exkurse zu Entwicklungen in Österreich (berufliche Bildung) und Polen (hochschulische Bildung) kontrastiert wurden. Unter den Referentinnen und Referenten herrschte Einigkeit darüber, dass dem DQR ein breites Kompetenzverständnis zugrunde liegt und sich bei der beruflichen Ausbildung gemeinsame Ansätze zur Lernergebnisorientierung für Rahmenlehrpläne und Ausbildungsordnungen anbieten würden.
Neben der Definition von Lernergebnissen wurde ebenso die lange Tradition der Handlungsorientierung bei der Gestaltung der Lehrpläne bzw. Curricula in der beruflichen Bildung thematisiert. Die Frage, wie Ordnungsmittel strukturell und inhaltlich aussehen müssten, konnte aufgrund der Komplexität der Thematik nicht abschließend beantwortet werden.
Forum 3: „Leistungspunktesysteme und andere transparenz- und mobilitätsfördernde Instrumente“
Im Forum 3 wurde die mögliche Verzahnung der beiden Leistungspunktesysteme ECTS und ECVET im Hinblick auf ein sinnvolles und kohärentes Zusammenwirken der beiden Kreditpunktesysteme diskutiert und der Frage nachgegangen, ob und wie die Leistungspunktesysteme auf den DQR bezogen werden können.
Dass ECTS und ECVET verschiedene Ansätze haben, wurde in mehreren Beiträgen betont. Während ECTS im Hochschulssystem angewendet wird, muss ECVET im breiter gefächerten Bereich der beruflichen Bildung erprobt und für alle beruflichen Qualifikationen umgesetzt werden können.
Hervorgehoben wurde die Notwendigkeit der genauen Beschreibung der Lernergebnisse unter Verwendung einheitlicher Standards als Voraussetzung für ein funktionierendes ECVET-System. Ein solches System könnte dann Vertrauen schaffen, das Anrechnungsverfahren vereinfachen, der Steigerung von struktureller Durchlässigkeit und räumlicher Mobilität dienen, sowie Transparenz bei den unterschiedlichen Abschlüssen fördern.
In der Diskussion wurde deutlich, dass es trotz der Unterschiedlichkeit von ECTS und ECVET - gerade vor dem Hintergrund der Bedeutung des lebenslangens Lernens - mittelfristig zu einem einheitlichen Prozess der beiden Kreditpunktesysteme kommen muss und eine Verbindung mit dem DQR hergestellt werden kann. In einigen europäischen Ländern gibt es bereits Systeme, die mit dem jeweiligen nationalen Qualifikationsrahmen verbunden sind.
Forum 4: „Qualitätssicherung im nationalen und internationalen Kontext“
Qualitätssicherung ist nicht nur notwendiger Bestandteil der Organisation des Bildungssystems in allen Bereichen. Sie ist auch eine wichtige Voraussetzung für wechselseitiges Vertrauen unter den Bildungssystemen in Europa.
Im Forum 4 wurde das Thema Qualitätssicherung mit einem Schwerpunkt auf der beruflichen Bildung behandelt. Am Beispiel Großbritannien wurden Verfahren der Qualitätssicherung in der hochschulischen Bildung dargestellt. Ob die in einem Bildungsgang erzielten Lernergebnisse den Deskriptoren des nationalen Qualifikationsrahmens entsprechen, lautete dabei die Schlüsselfrage. Dies sicherzustellen erfordert ein kontinuierliches Monitoring auf der Basis etablierter nationaler Standards.
In weiteren Beiträgen wurden u.a. der Zusammenhang von Qualitäts- und Transparenzinstrumenten und die Notwendigkeit der Qualitätssicherung als einer kontinuierlichen Aufgabe betont. Die Diskussion zeigte, dass insbesondere die Forderung nach einem bildungsbereichsübergreifenden Qualitätsdialog breite Akzeptanz findet.
Die Tagung beschloss Ministerialrat Lothar Herstix, Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder und Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen und Vorsitzender des Arbeitskreises DQR für die Länderseite, mit einem Ausblick auf die kommenden Aktivitäten und Entwicklungen.